24. DLR-Parabelflugkampagne
Vom 2. bis zum 14. Februar 2014 fand die 24. Parabelflugkampagne des DLR statt. Magdeburg war mit mehreren Experimenten auf dieser Kampagne vertreten.
Das Experiment
Das Experiment der Gruppe Stannarius wurde im Rahmen des Projektes OASIS-Co vorbereitet. Wir untersuchen darin die Dynamik flüssiger Membranen unter Schwerelosigkeit. Es handelt sich bei den Untersuchungsobjekten um dünne Filme eines flüssigkristallinen Materials. Solche Filme kann man ähnlich wie Seifenfilme präparieren, mit makroskopischen Abmessungen (Durchmesser von einigen Zentimetern) aber Dicken in der Größenordnung weniger Nanometer, das heißt nur einiger weniger Molekülschichten. Mikrogravitation ist notwendig, um diese Membranen in der Schwebe zu halten, während ihre Bewegungen und Formänderungen mit einer Hochgeschwindigkeitskamera beobachtet werden. In einem zweiten Experiment beobachten wir Objekte, die auf solchen Membranen 'schwimmen'. Die Motivation für diese Experimente ist ein besseres Verständnis der hydrodynamischen Eigenschaften quasi-zweidimensionaler Flüssigkeiten. Die Bewegung solcher Membranen ist außer durch die Eigenschaften des Membranmaterials auch entscheidend durch die physikalischen Eigenschaften des umgebenden Mediums bestimmt. Man bezeichnet solche Situationen als Mehrphasenfluss, ihre mathematische Modellierung ist anspruchsvoll.
Die Parabelflugkampagne brachte für das Team eine Besonderheit. Eine Thailändische Gastwissenschaftlerin, Dr. Nattaporn Chattham, die als Humboldt-Stipendiatin für ein Jahr zu Gast in Magdeburg weilte, nahm gemeinsam mit ihrer Doktorandin Pemika Hirankittiwong an der Kampagne teil.
Die Kampagnen finden in Bordeaux statt. Die Flüge werden durch die französische Gesellschaft NOVESPACE organisiert.
Die Vorbereitung
Während der ersten Woche der Kampagne waren drei Mitglieder des Teams in Bordeaux, um den experimentellen Aufbau zu überprüfen und zu komplettieren. Dieser war zuvor per Kurierdienst auf den Weg nach Bordeaux geschickt worden. Wie fast immer bringen der Transport und der Zusammenbau der Apparatur beim ersten Test Defekte und Fehler ans Tageslicht. Torsten Trittel und den beiden Thailändischen Wissenschaftlerinnen gelang es, diese während der Testwoche in den Griff zu bekommen, so dass wir einer erfolgreichen Parabelflugkampagne entgegensehen konnten.
Die beiden verbleibenden Mitglieder der Gruppe, Kirsten Harth und Ralf Stannarius, komplettierten das Team am Sonntag, den 9. Februar. Während der Kampagne wohnen wir traditionell in unserem "angestammten" Quartier, einem echten kleinen Chateau direkt in der Nähe des Flughafens, in dem die Besitzer ein paar rustikale aber praktische Ferienwohnungen anbieten.
Die Parabelflugwoche
Von dort beginnt jeder Tag während der Parabelflugwoche bereits früh 5 Uhr. Vor und an den drei Flugtagen sind insbesondere die aktiven Flieger (jeweils zwei oder drei Teammitglieder) dazu angehalten, sich einem sehr genau geplanten Tagesablauf zu unterziehen. Für den Körper ist der dreistündige Flug, während dem 31 Parabeln mit jeweils 20 Sekunden Schwerelosigkeit geflogen werden, keine alltägliche Routinebelastung. Ausreichend Schlaf, kein Alkohol, aber eine ausgewogene Frühstückskost sind die Voraussetzung, um den Flug ohne Übelkeit unbeschadet zu überstehen. Und natürlich hilft zur Vermeidung solcher Probleme auch die Medikamentierung mit Skopolamin, das dem Gehirn die Anpassung an die Sinneskonflikte während der Schwerelosigkeitsphase erleichtert.
Vier Crewmitglieder sind notwendig, um diese komplizierten Parabelflugmanöver durchzuführen. Sie sind durch keinen Autopiloten ersetzbar. Besonders wenn die meteorologischen Bedingungen widrig sind, zum Beispiel bei starken Windböen, ist dies eine Herausforderung. Am ersten Flugtag erwiesen sich diese Bedingungen als besonders ungünstig. Das führte nicht nur dazu, dass einige der Parabeln nur sehr unzulänglich Schwerelosigkeitsbedingungen verschaffen, auch ein Mitglied unseres Teams, der erfahrendste Flieger, der bereits einige hundert Parabeln hinter sich hat, fiel diesmal der 'Seekrankheit' zum Opfer. Wir können nur wenige erfolgreiche Versuche durchführen.
Am dritten und letzten Flugtag fliegen drei Mitglieder, auch Dr. Chattham ist dabei. Diesmal gelingt es auf Grund der Erfahrungen der vorangegangenen beiden Flüge, bei der Mehrzahl der Parabeln erfolgreiche Experimente durchzuführen. Weil das Experiment nicht automatisch steuerbar ist, ist das Eingreifen eines Operators jederzeit notwendig. Es erfordert vom Experimentator hohe Konzentration, gleichzeitig seinen frei schwebenden Körper unter Kontrolle zu halten, indem man sich an den am Boden befestigten Fixierbändern festhält, die ebenfalls frei schwebende Computermaus zu fangen und zu bedienen, und den Blick dabei auf den Computerbildschirm mit dem Experiment gerichtet zu halten. Durch die Erfahrung vorangegangener Flüge gelingt das mittlerweile recht gut.
Das Ergebnis
Wir bringen eine Ausbeute von etwa 40-50 auswertbaren Experimenten von Bordeaux mit zurück nach Magdeburg. Ihre Auswertung wird einige Zeit in Anspruch nehmen, doch wir rechnen damit, dass noch vor dem Sommer publizierbare Ergebnisse vorliegen. Und nicht nur das, die Parabelflüge stellen gleichzeitig wichtige Tests der Hardware für das voraussichtlich im kommenden Jahr stattfindende Experiment OASIS auf der Internationalen Raumstation ISS dar.